Aktuelles
Eintrag vom 5.12.2015 JUBILÄUM
Das 25. Gründungsjubiläum der Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Kommunismus wurde am 4. Dezember 2015 im Berliner Roten Rathaus mit einem Festakt gebührend gefeiert.
In den 25 Jahren ihres Bestehens musste die Gedenkbibliothek vielen politischen und öffentlichen Widrigkeiten trotzen. Es ist der Beharrlichkeit und dem Mut von Ursula Popiolek und Thomas Dahnert zu verdanken, dass Berlin noch immer diesen speziellen Ort hat, wo Zeitzeugen an die Verbrechen des Kommunismus in Deutschland und auch in Europa erinnern. Pünktlich zur Feier wurde der Jubiläumsalmanach mit Rezensionen zu den fast 600 Vorträgen, die seit Bestehen der Gedenkbibiliothek gehalten wurden, veröffentlicht. Die Gedenkbibliothek, die anfänglich einige hundert ehemals verbotene Bücher umfasste, ist heute auf knapp 13.000 Bücher angewachsen, die der Aufklärung über die Ursachen und Folgen des Kommunismus als universeller Bedrohung der freiheitlich-demokratischen Welt dienen.
Die Zuhörer im überfüllten Louise-Schroeder-Saal hörten die Festredner Ursula Popiolek, 1. Vorsitzende des Vereinsvorstands der Gedenkbibliothek, Dr. Anna Kaminsky, Geschäftsführerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und Dr. Hans-Gert Pöttering, Präsident des Europäischen Parlaments a.D. und Vorsitzender der Konrad Adenauer Stiftung. Unter den zahlreich erschienenen Gästen waren u.a. die Autorin und Publizistin Vera Lengsfeld, der ehemaliger Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen Sachsens Siegmar Faust und der Schriftsteller Ulrich Schacht. Für die musikalische Umrahmung sorgten Leila Faust, Mala Faust, Alam Faust und Christine Ehrlich. Zum Schluss wurde die Ausstellung "Der Eiserne Vorhang - Bulgarien" eröffnet.
Wir wünschen Frau Popiolek und Herrn Dahnert weiterhin viel Erfolg und Beharrlichkeit in ihrer Arbeit. Die Bibliothek ist ein selten heimatlicher Ort für die Verfolgten der kommunistischen Diktatur der ehemaligen DDR.
Margreet und Stefan Krikowski
- Ursula Popiolek und Bibliotheksleiter Thomas Dahnert mit dem Jubiläumsalmanach.
Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Kommunismus e.V.
Nikolaikirchplatz 5-7
10178 Berlin (Nikolaiviertel)
Tel.: +49 030 283 432 7
Fax: +49 030 280 971 93
www.gedenkbibliothek.de
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Eintrag vom 12.11.2015 ANDRÉ GLUCKSMANN IST TOT
Am 10. November 2015 verstarb im Alter von 78 Jahren der französische Philosoph André Glucksmann in Paris.
Bereits als Schüler war Glucksmann Anhänger der Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF). Mit 17 Jahren trat er in die Partei ein. Seine kurze Mitgliedschaft endete damit, dass ihn die Partei 1957 wegen seines Protests gegen die Niederschlagung des Ungarn-Aufstands ausschloss.
Später wandelte sich Glucksmann zu einem engagierten Anwalt für Freiheit und Demokratie. Seine scharfe fundamentale Kritik am Kommunismus wurde ausgelöst durch die Lektüre von Alexander Solschenizyns Archipel Gulag (1973). In seinem Buch Köchin und Menschenfresser – Über die Beziehung zwischen Staat, Marxismus und Konzentrationslager (1974)- entwickelte er eine grundlegende Kritik des Kommunismus und Totalitarismus:
"Wenn wir im gelehrten Ton von der Sowjetunion reden - diesem Staat, der es wohl keinem Genie, sondern vielmehr auf viel unschuldigere Weise der Zeit, über die er verfügt, und dem Raum, den er bedeckt, zu verdanken hat, daß er für sich Ruhm beanspruchen kann, schon vielmehr Deportierte umgebracht zu haben als die Zahl der Nazilagern - , wenn wir seinen Raum sozialistisch nennen und seine Geschichte revolutionär, was läßt uns dann taub werden für das offene Gelächter, das kommende Generationen über unsere theoretischen Debatten erheben werden? Was hat uns denn so blind gemacht für all die Tränen und das Blut unserer Zeit?
Die UdSSR wird kritisiert, glorifiziert, dennoch bleibt sie in den meisten Diskussionen, die das letzte Vierteljahrhundert beherrscht haben, ein revolutionärer, sozialistischer Arbeiterstaat. Diejenigen, die einen 'Sozialismus mit menschlichem Gesicht' fordern, bezweifeln nicht, daß ein - ach so - unmenschliches Gesicht sozialistisch sein kann, Fleisch von ihrem Fleisch ... Und, in einem ganz anderen Sinn, Blut von ihrem Blut. Die intellektuelle Komplizität ist im Allgemeinen verbreitet."
Quelle: Glucksmann, André: Köchin und Menschenfresser. Über die Beziehung zwischen Staat, Marxismus und Konzentrationslager, Berlin (Klaus Wagenbach) 1978.
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Die Spur der roten Sphinx. Deutsche Frauen vor sowjetischen Militärtribunalen
Annerose Matz-Donath hat 130 Haftkameradinnen interviewt, aus ihren Aussagen ein anschauliches Gemälde gewoben und damit ein immer noch weitgehend unbekanntes Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte aufgeschlagen. Warum ist so wenig von der sowjetischen Terrorjustiz und ihren Kellern, Verhörmethoden und Lagern bekannt?
Eine Buchbesprechung von Vera Lengsfeld
Der Titel des Buches von Annerose Matz-Donath „Die Spuren der roten Sphinx” ist nur verständlich, wenn man weiß, dass in St. Petersburg ein Denkmal für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft am Ufer der Newa steht. Ein doppelte Sphinx, deren eine Gesichtshälfte die Züge einer schönen jungen Frau trägt, während die andere Hälfte einen Totenschädel mit gebleckten Zähnen zeigt. Kein Geringerer als der Dichter Alexander Block hat in einem Gedicht Sowjetrussland als Sphinx bezeichnet. Die schöne Gesichtshälfte war der Welt, besonders dem kommunismusfreundlichen Westen, zugewandt, den Totenschädel bekam die eigene Bevölkerung zu sehen. Aber nicht nur die. Der stalinistische Terror reichte nach dem Zweiten Weltkrieg überallhin, wo die Rote Armee Länder besetzt hatte. Annerose Matz- Donath hat eine besondere Qualifikation für das von ihr behandelte Thema, Frauen vor sowjetischen Militärtribunalen, aufzuweisen. Sie hat selbst vor einem solchen Tribunal gestanden und saß fast zwölf Jahre in Haft, erst als NKWD- Gefangene, dann als Häftling in der DDR.
Während die Lager der ersten deutschen Diktatur unmittelbar nach ihrer Befreiung ihr Grauen in zahllosen eindrucksvollen Bildern der Weltöffentlichkeit offenbarten, gibt es keine Bilder vom NKWD-Terror. Die Lager Sachenhausen, Buchenwald oder Ketschendorf wurden 1950 stillschweigend geschlossen, die Insassen der DDR-Justiz übergeben oder nach Sibirien in den Gulag verbracht. Auf den Massengräbern wurden Wäldchen angepflanzt, kleine Lager ganz eingeebnet und die Keller der Stadtvillen, die vom NKWD als Untersuchungsgefängnisse und Gerichtsorte in Beschlag gelegt wurden, wieder ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt und mit Kohlen gefüllt, nachdem die Bretter vor den Kellerfenstern , die den Gefangenen das Tageslicht vorenthielten, entfernt worden waren.
Geblieben sind die wenigen Überlebenden, deren Erzählungen viel größere Aufmerksamkeit verdienten, als ihnen bislang zuteil wird. Matz-Donaths Buch ist ein Zeugnis gegen das Vergessen. Die Autorin beginnt ihre Erzählung mit der Schilderung des Schicksals verhafteter Mütter und ihrer Kinder. Immer wurden die Frauen unter einem Vorwand abgeholt. Sie sollten nur kurz mal mit zur Kommandantur kommen, ein paar Fragen beantworten, dann könnten sie wieder nach hause gehen. Die Kinder blieben allein in der Wohnung zurück, oder spielten draußen unbesorgt weiter, fanden nach Rückkehr aus der Schule ihre Mutter nicht mehr vor. Als sie ihre Mutter nach vielen Jahren wiedersahen, erkannten sie sie nicht wieder, hatten jede Erinnerung an sie verloren, oder begegneten ihr, der „Verräterin“ sogar mit Feindseligkeit. Wer in den Jahren 1945-1947 verhaftet wurde, der verschwand spurlos. Erst ab 1949 wurde es gestattet, Briefe an die Angehörigen zu schreiben.
Besonders dramatisch ist das Schicksal der Kinder, die in der Haft geboren wurden. In der schlimmsten Hungerzeit 1946/47 ist es ein Wunder, dass überhaupt Kinder das Licht der Welt erblickten und überlebten, obwohl die halb verhungerten Mütter selten in der Lage waren zu stillen, und kaum mehr zur Verfügung stand als grobe Haferflocken und Wasser. Alle diese Kinder wurden den Müttern früher oder später weggenommen. Sie landeten in Kinderheimen, selbst wenn es Verwandte gab, die sich der Kinder angenommen hätten.
Als Gefangene des NKWD hatte man nur zur Verfügung, was man am Leibe trug, als man verhaftet wurde. Deswegen waren diejenigen besonders schlimm dran, die den Sowjets im Sommer in die Fänge gerieten, denn mit dünnen Sommerkleidern kam man nicht weit. Die Zellen, in denen man die Untersuchungshaft verbringen musste, waren nur sporadisch mit Strohsäcken, Holzpritschen oder gar Betten ausgestattet. Decken gab es kaum, und wenn waren sie dreck- und blutverschmiert. Es gab noch einen Kübel oder eine Kiste für die Notdurft, in einem Fall war es nur eine Blumenvase.
Wasser zum Waschen gab es so gut wie nicht. Der Essnapf musste als Waschschüssel und auch für das Ausspülen der Läppchen dienen, die sich die Gefangenen aus den Kleidern gerissen hatten, um sich nach dem Entleeren zu säubern. Kämme, Seife, Handtücher gab es nicht, natürlich auch keine Vorlagen für die monatliche Blutung. In den seltenen Fällen, da es Duschen gab, mussten sich die Frauen und Mädchen vor der versammelten Wachmannschaft säubern. Die Untersuchung sämtlicher Körperöffnungen, die immer mal wieder stattfand, wurde selbstverständlich auch von Männern vorgenommen. Vergewaltigungen waren, obwohl später sogar offiziell verboten, auf der Tagesordnung. Dazu kamen die drangvolle Enge in den Gemeinschaftszellen, die so dicht belegt waren, dass sich beim Schlafen auf dem Fußboden oder der Pritsche alle umdrehen mussten, wenn eine ihre Stellung wechseln wollte.
Geschlagen und gefoltert wurden Frauen seltener. Dafür waren die Schreie der gefolterten Männer Tag und Nacht zu hören. In Hohenschönhausen wurde abends um zehn immer eine Kreissäge angestellt, um das Schreien zu übertönen. Zu hören waren auch die Schüsse aus den Hinrichtungskellern.
Einen großen Teil ihres Buches widmet die Autorin den Jugendlichen, die in die Fänge des NKWD gerieten. Bisher dachte ich, dass man erst mit 14 Jahren in Gefahr geriet, verhaftet zu werden. Aber auch 12- und 13jährige Gefangene wurden gemacht. Klar, nach der stalinschen Verfassung konnten Todesurteile schon an Zwölfjährigen vollstreckt werden.
Erstaunlich ist, wie viele Frauen vom NKWD verhaftet werden konnten, obwohl sie vorher gewarnt wurden. Jede aber dachte, sie hätte nichts getan und brauchte daher nichts zu befürchten. Das sollte sich in allen Fällen als schwerer Irrtum erweisen. Obwohl es erstaunlich ist, wie lange Manche dem Vernehmer Widerstand leisteten und nicht unterschrieben, am Ende bekam das NKWD immer ein Geständnis, sei es durch Folter, falsche Versprechungen oder gar Scheinhinrichtungen.
Wenn ich die aufgezeichneten 130 Schicksale Revue passieren lasse, so scheint es, dass alle diejenigen größere Überlebenschancen hatten, die sich ab und zu wehrten. Etwa, ein nach ihnen geworfenes Tintenfass auffingen und zurückschleuderten, dem Vernehmer zwischen die Beine traten oder zurückschlugen. Schlechte Karten hatten alle, die weinten und um Gnade baten. Die wurden gnadenlos verhöhnt.
Eine entscheidende Rolle spielten für das NKWD die Spitzel. Die meisten Inhaftierten wurden von Freunden, Nachbarn, Familienmitgliedern oder sogar Provokateuren angezeigt. Auch in den Kellern gab es Spitzel, die versuchten ihre Leidengenossen auszuhorchen und weiterzumelden. Über zusätzliche Verpflegungsrationen ging die Belohnung selten hinaus. „Wir lieben den Verrat, aber nicht den Verräter“, war ein Satz, den fast alle Delinquenten von ihren Vernehmer mehrmals hörten. Am Ende fanden sich Spitzel und Bespitzelte in Sachsenhausen oder in Hoheneck wieder.
Mütterchen Russland ist eine Sphinx. Auch ihre Söhne hatten zwei Gesichter. Unter den Wachmannschaften gab es nicht nur Sadisten. Es gab auch Soldaten, denen ihr Dienst sichtbar unangenehm war und die ihre Gefangenen niemals quälten, die sogar in Tränen ausbrachen, wenn Jugendliche zum Tode verurteilt wurden. Es gab immer mal wieder Wunder, eine zusätzliche Essensration, eine rettende Decke oder einen zusätzlichen Strohsack, einen heimlich zugesteckten Kamm, um das verfilzte Haar glätten zu können, tröstende Worte. Das ist um so höher zu bewerten, als allen mindestens Sibirien drohte, die bei menschlichen Regungen erwischt wurden. Ein Offizier wurde über zwei Tage zu Tode geprügelt, weil er mit einer Gefangenen fliehen wollte.
Im letzten Kapitel analysiert Matz-Donath eines von den tausenden Unrechtsurteilen, die von der sowjetischen Militäradministration verhängt wurden. Dabei wird klar, dass diese Urteile auf zum Teil abenteuerlichen Konstruktionen beruhten, an die weder die Vernehmer, noch die Richter, die gleichzeitig die Funktion des Staatsanwalts ausfüllten, geglaubt haben dürften. Alle hatten Quoten zu erfüllen. Der Verhaftungsquote folgten 100% Geständnisse und 100% Verurteilungen. Eine Revision des Urteils war nicht möglich.
Die Überlebenden wurden Anfang der 1990er Jahre von der Sowjetunion rehabilitiert. Die Toten auch, aber für die kam die Anerkenntnis ihrer Unschuld Jahrzehnte zu spät.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung.
Annerose Matz-Donath
Die Spur der roten Sphinx. Deutsche Frauen vor sowjetischen Militärtribunalen
Lindenbaum-Verlag
Neuauflage: Oktober 2014
ISBN 978-3-938176-53-5
Paperback, 482 Seiten, 28,00€
www.lindenbaum-verlag.de/contents/de/p103.html
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Eintrag vom 11.10.2015 AUSSTELLUNG
»Samizdat« im GULAG. Eine schwarze Literaturgeschichte.
In den großen literarischen Werken, die Alexander Solschenizyn, Jewgenija Ginsburg und Warlam Schalamow nach ihrer Lagerzeit über den GULAG verfaßten, finden sich bemerkenswert viele Erinnerungen daran, wie in den Gefängnissen und dann in den extremen Verhältnissen der Lager die Rückbesinnung auf Gedichte, auf lange Poeme und ganze Romane für einige der unschuldig Verhafteten und Deportieren der letzte rettende Überlebenshalt wurde. Vor allem beim stummen oder weitergebenden Vortragen von Lyrik ergaben sich kurze Momente individueller Freiheit, die resistent machten gegenüber den grausamen Quälereien. Und manchen Häftlingen gelang es sogar, mit konspirativ besorgten Schreibutensilien Abschriften von memorierten Texten und von eigenen Gedichten anzufertigen.
Begleitprogramm:
23. Oktober 2015, 20:00 Uhr
Ausstellungseröffnung
Zur Eröffnung sprechen Arsenij Roginskij (Vorstand von memorial Moskau) sowie Heike Winkel (FU Berlin
27. Oktober 2015, 20:00 Uhr
Die größte geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts?
Über die aktuelle Situation von NGOs in Rußland und über Veränderungen der Erinnerungskultur in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten diskutieren Arsenij Roginskij (Vorstand von Memorial Moskau), Jens Siegert (16 Jahre lang Leiter des Moskauer Büros der Heinrich-Böll-Stiftung) und Manfred Sapper (Publizist und Chefredakteur der Zeitschrift »osteuropa«).
28. Oktober 2015, 20:00 Uhr
Sergei Lebedew: Menschen im August
Franziska Zwerg stellt Sergei Lebedew und seinen soeben auf Deutsch erschienenen Roman vor. Max von Pufendorf liest ausgewählte Passagen.
29. Oktober 2015, 20:00 Uhr
Die Reue (Monanieba). Film. OmU. 153 Min.
Ein Film von Tengis Abuladse
Literaturhaus Berlin
Fasanenstr. 23, 10719 Berlin-Charlottenburg
Tel.: 030 – 887 286-0
www.literaturhaus-berlin.de/
Öffnungszeiten:
24.10.-13.12.2015
Mi - Fr: 14 - 19 Uhr
Sa, So: 11 - 19 Uhr
Eintritt frei
Eintrag vom 29.7.2015 NEUE BIOGRAFIE
Die Biografie von Eduard Lindhammer wurde am 29. Juli 2015 auf www.workuta.de veröffentlicht.
Eintrag vom 17.7.2015 DEN MANTEL DES SCHWEIGENS BRECHEN
Ministerpräsident Dietmar Woidke empfängt Überlebende der sowjetischen Speziallager
Ein Bericht von Joachim Desens
Am 13. Juli 2015 empfing der Ministerpräsident des Landes Brandenburg, Dietmar Woidke, etwa 200 Überlebende der nach 1945 auf dem Gebiet der späteren DDR errichteten sowjetischen Speziallager, unter denen auch Vertreter der Lagergemeinschaft Workuta anwesend waren. Im "Kongresshotel Potsdam am Templiner See" fand diese Veranstaltung einen würdigen Rahmen. Seine Rede war geprägt vom Bewusstsein dessen, was die damals Inhaftierten erlebt und durchlitten hatten. Dabei betonte er, dass der Empfang 25 Jahre nach der Wiedergründung des Landes Brandenburg und 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges einen besonderen Akzent setzen soll. Er erinnerte daran, dass in der DDR die Geschehnisse in den Lagern mit einem "Mantel des Schweigens bedeckt" worden waren: "Aber das Schweigen ist der größte Feind einer wirklichen Aufarbeitung von Geschichte. Über diese Dinge, die in der DDR nicht erwähnt werden durften, will ich reden. Nach langen Jahren des Verschweigens ist es höchste Zeit, sie offen und ehrlich zu analysieren, darüber zu informieren, den Opfern unseren Respekt zu erweisen und ihr Leid anzuerkennen."
Für ihre Aktivitäten in zahlreichen Vereinen, die an der Aufarbeitung der Vergangenheit mitwirken, sprach er den ehemaligen Lagerinsassen seine besondere Anerkennung aus.
Das Land Brandenburg hat vom Empfang folgendes Fotoalbum veröffentlicht: https://www.flickr.com/photos/103986544@N07/sets/72157655417474880
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Angst
Von Horst Schüler
Glaub' nur nicht, du hättest es überwunden. Keine Alpträume mehr, keine Schreckensnächte, die grausame Vergangenheit - hat sie dich endlich losgelassen? Lass dich nicht täuschen, sie wird dich weiter quälen, auch wenn sie dich mal ein paar Wochen, vielleicht sogar Monate, in Ruhe gelassen hat. Doch endgültig verschont bleibt keiner.
Vor ein paar Nächten war's mal wieder so weit, da standen sie vor der Tür, und alles begann von vorn – Verhaftung, Verhöre, Tribunal, Lager, Hunger, die Schinderei im Schacht, das ganze Elend. Irgendwann Aufwachen, schweißgebadet, man braucht eine Weile, ehe sich Traum und Wirklichkeit trennen. Ein Blick auf die Uhr, es sind nur Minuten vergangen, doch sie kommen dir wie Jahre vor, und dann bist du ja den Schrecken längst nicht los, dann liegst du wach und neben dir lauern die Erinnerungen, und du fürchtest dich vor dem Einschlafen, weil du Angst hast, dass sie dich dann begleiten werden.
Warum diese dich immer wieder heimsuchende Angst? Warum werden wir die schrecklichen Jahre nicht los, sie liegen doch nun schon länger als ein halbes Menschenleben zurück? Gibt es nicht mal ein Vergessen? Die Antwort liegt wohl im psychologischen Teil unseres Daseins: Wenn du eine lange Zeit ausschließlich in Angst gelebt hast, wenn Angst Teil deines Lebens geworden ist, dann wird sie auch Teil deines Lebens bleiben. Und so war es doch damals, irgendwie steckte die Angst ständig in uns, mal riesengroß, mal ein wenig kleiner, doch in uns war sie stets, in jeder Minute. Wir hatten Angst vor den Verhören, hatten Angst, in der Todeszelle zu landen, hatten Angst, nie wieder nach Deutschland zu kommen, nie wieder unsere Angehörigen zu sehen, irgendwo in dieser schrecklichen Tundra begraben zu werden.
Nun ja, Glück gehabt, wenn auch längst nicht alle. Also wieder in Deutschland, wieder bei unseren Familien, wieder ein "normales" Leben. Aber so richtig "normal" ist unser Leben ja doch nicht, zu oft stoßen wir an Ecken, die uns an die Jahre des Leidens erinnern. Wenn zum Beispiel manche Historiker den stalinistischen Terror als Art "Betriebsunfall" einer im Grunde richtigen Idee darstellen. Wenn Politiker demokratischer Parteien darüber streiten, ob denn nun die DDR ein Unrechtsstaat war oder nicht. Wenn wir immer wieder vergeblich fordern, dass die deutsche Nachkriegsgeschichte verbindlich und in allen Bundesländern in den Lehrplänen der Schulen aufgenommen wird. Vor allem aber, wenn wir uns damit abfinden müssen, dass Lenins ideologische Kinder frisch und fröhlich so tun, als seien nicht viele hundert Menschen an den Grenzen ihres Staates erschossen worden, nur weil sie in Freiheit leben wollten. Als seien ihre Gefängnisse nicht randvoller Frauen und Männer gewesen, die sich gegen den staatlichen Terror wehrten. Als hätten die Schergen ihres Staates nicht gegen ihre eigene Verfassung verstoßen, indem sie ein paar tausend dieser politischen Häftlinge dem sowjetischen Gulag auslieferten. Ach, wenn es nur das wäre. Nein, wir müssen es sogar erdulden, dass sie in unseren Parlamenten sitzen, in Landesregierungen, dass sie ihrer Partei einfach einen anderen Namen geben, was dann prompt ausreicht, nicht nur wahlfähig zu werden, sondern auch als Koalitionspartner zu gelten. Und mit Verlaub: Es kotzt uns an, dass kaum eine Talk-Runde auf Gregor Gysi oder Sahra Wagenknecht verzichtet, Letztere einmal Angehörige der kommunistischen Plattform, seit 2010 allerdings ihre Mitgliedschaft dort ruhen lässt. Ehemalige politische Häftlinge des Kommunismus jedoch wird man in keiner dieser Gesprächsrunden finden.
Glaubt also nur nicht, wir würden unsere Alpträume loswerden. Es gibt der Gespenster in Hülle und Fülle, die dafür sorgen, dass sie uns bis ans Lebensende quälen dürfen.
Der Artikel erschien in DER STACHELDRAHT, Ausgabe 5/2015. Veröffentlichung auf workuta.de mit freundlicher Genehmigung der UOKG.
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Martin Hoffmann, GULag-Workuta, Übersichtskatalog zu Widerstand, Verschleppung zur Zwangsarbeit und Heimkehr im Zeitzeugen-Museum.
In diesem neuen Übersichts-Katalog des Zeitzeugenmuseums "GULag-Workuta" wird explizit der studentische Widerstand gegen die Menschenrechtsverletzungen in der DDR eindrucksvoll dokumentiert.
Dieses Museum - das einzige dieser Art in Deutschland - zeigt mit den Originalexponaten, Bildern und Belegen des Verfassers, Jahrgang 1930, die Zeit nach 1945 bis heute.
Es bietet damit dem schulischen bzw. studentischen Bildungsbereich ebenfalls die Möglichkeit das historische Wissen der Sowjetdiktatur in der DDR der Jugend näher zu bringen, aber auch das Erleben eines Zeitzeugen.
Martin Hoffmann
GULag-Workuta, Übersichtskatalog zu Widerstand, Verschleppung zur Zwangsarbeit
und Heimkehr im Zeitzeugen-Museum.
HELMESVERLAGKARLSRUHE
ISBN: 978-3-940567-24-6
64 Seiten, 24,90€
Eintrag vom 21.6.2015. BERICHT der JAHRESTAGUNG
"Tore zur Freiheit.
Vor 60 Jahren: Rückkehr aus sowjetischer Haft 1955
Vor 25 Jahren: Die Wiedervereinigung Deutschlands 1990"
Vom 5. bis 7. Juni 2015 fand in Magdeburg die Jahrestagung der Lagergemeinschaft Workuta/GULag Sowjetunion statt. Zu den rund 75 Teilnehmern gehörten ehemalige politische Häftlinge, ihre Familienangehörigen, am Thema Interessierte und Freunde. Schwerpunkte der diesjährigen Tagung waren die Rückkehr aus sowjetischer Haft vor 60 Jahren und die deutsche Wiedervereinigung vor 25 Jahren.
Unter dem Motto "Tore zur Freiheit" wurden neben der historischen Einordnung der Jahre 1955 und 1990 der Freiheitsbegriff, das Grenzdurchgangslager Friedland, die Verbesserung von Entschädigungsleistungen und die eigene Zukunftsperspektive diskutiert.
Eröffnet wurde die Jahrestagung von Detlef Gürth, MdL und Präsident des Landtages von Sachsen-Anhalt. Er wies auf die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit diesem Teil deutscher Geschichte für die Entwicklung von Toleranz und Solidarität in unserer Gesellschaft hin.
In seinem Beitrag betonte Dr. Kai Langer, Leiter der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt, dass die schweren Menschenrechtsverletzungen während der Zeiten der sowjetischen Besatzung darzustellen und hierüber Kenntnisse zu verbreiten ist. Er lobte den Einsatz von Mitgliedern der Lagergemeinschaft Workuta, die einen wesentlichen Beitrag dazu leisten.
Prof. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung thematisierte in ihrem Vortrag zum Thema Freiheit die Wechselwirkung zwischen Verantwortung und Freiheit. Sie stellte fest: "Freiheit braucht Verantwortung". Sie wies unter anderem auf die unterschiedliche Behandlung von Rückkehrern und Rückkehrerinnen aus der sowjetischen Lagerhaft in der ehemaligen DDR und in Westdeutschland hin: gänzliche Tabuisierung des Themas in der ehemaligen DDR - es war den ehemaligen Gefangenen verboten, über ihre Lagererlebnisse zu berichten, um kein schlechtes Licht auf die Sowjetunion zu werfen - und zunehmend geringeres Interesse in Westdeutschland, wo den Opfern ein eher unbedeutender Platz zugewiesen wurde.
In seinem Vortrag "Friedland das Tor zur Freiheit" beschrieb Klaus Bittner, Niedersächsisches Ministerium für Innneres und Sport, die Geschichte Friedlands und die aktuellen Entwicklungen. Auf Anordnung der britischen Besatzungsmacht am 20. September 1945 als erste Anlaufstelle für Flüchtlinge, Vertriebene und Heimkehrer eingerichtet, ist das Grenzdurchgangslager für mehr als vier Millionen Menschen zum "Tor zur Freiheit" geworden.
In seinem Grußwort hob Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, die Bedeutung von Zeitzeugen für die Vermittlung historischen Wissens hervor und betonte, dass die Opferperspektive nicht ausgeblendet werden darf.
Dr. Gerald Diesener vom Leipziger Universitätsverlag stellte das Buch von Werner Gumpel "Workuta – Die Stadt der lebenden Toten. Ein Augenzeugenbericht" als Neuerscheinung vor. Werner Gumpel wurde 1950 als Mitglied eines losen Verbundes oppositioneller Leipziger Studenten, die später als "Belter-Gruppe" bekannt wurden, zu 25 Jahren Zwangsarbeitsstrafe verurteilt.
Von den Teilnehmenden, die meist heute noch an den Folgen der Haft und Zwangsarbeit leiden, wurde der Bereich der unmittelbaren Hilfe für ehemalige politische Häftlinge und Zwangsarbeiter diskutiert. Sie kritisieren die unzureichende versorgungsrechtliche Akzeptanz gesundheitlicher Schäden. Bei einem Besuch der Gedenkstätte Magdeburg Moritzplatz, der ehemaligen MfS-Untersuchungshaftanstalt, gedachten sie der Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft in einer Schweigeminute und legten einen Kranz nieder.
Während der Tagung beschlossen Kinder ehemaliger Häftlinge, die 2. Generation, verstärkt miteinander in Kontakt zu bleiben.
Die Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung wurden von der Landesbeauftragten für Mecklenburg-Vorpommern für die Stasi-Unterlagen und der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert. Die Vereinigung der Opfer des Stalinismus in Sachsen-Anhalt e.V. und das Bürgerkomitee Magdeburg e.V. unterstützten die Veranstaltung logistisch. Organisiert wurde sie von Edda Ahrberg.
Für das Treffen im Juni 2016 wurde Schwerin als Tagungsort festgelegt.
Dr. Ivanka Graffius
- Jahrestreffen der Lagergemeinschaft Workuta/GULag Sowjetunion, Magdeburg, 5.-7. Juni 2015.
Eintrag vom 7.6.2015 ALFRED GERLACH IST TOT
Am 9. Mai 2015 verstarb in Bocholt Dr. Alfred Gerlach im Alter von 85 Jahren.
Ein Nachruf von Annelie und Dr. Gerald Joram
Lieber Alfred!
Nun hast Du uns mit Deinem Tod am 9. Mai 2015 überrascht, er kam doch recht unerwartet nach unserem Besuch am 1. Mai.
Wir hofften sehr, dass Du Dich nach den schon mehrfach vorausgegangenen Erlebnissen akuter Luftnot auch am 9. Mai wieder erholen könntest, das von Dir so geliebte, aktive Leben wieder aufnehmen könntest.
Doch es fehlte Dir diesmal an der erforderlichen Kraft zur Rückkehr.
Wir alle sind voller Trauer. Uns tröstet die Gewissheit, Du ruhest nun in Frieden, bist befreit von der Qual wiederkehrender durch die Anfälle ausgelöster Todesangst. Du lebst weiter in unserer Erinnerung als der immer treue Freund.
Im Oktober 1949 vor nunmehr 66 Jahren als Medizinstudenten der Universität Rostock begegneten wir uns. Alfred, der Ältere, erfahrungsreicher durch Schulaufenthalt in den Niederlanden, nach dem Abitur als Sektionsgehilfe in der Pathologie in Erfurt tätig. Beide waren wir, Bürger der DDR, Gegner der Zwangsumformung der Gesellschaft zu einer Diktatur, die dem Hitler-Unrechtstaats mehr und mehr ähnelte.
In unserem Widerstand fanden wir schnell zueinander, waren eingebunden in ein Netz von zuverlässigen Freunden. Unser weiteres Schicksal schuf zusätzliche Klammern: Wir wurden am gleichen Tag inhaftiert, saßen nebeneinander auf der Anklagebank eines sowjetischen Gerichtes in Schwerin. Verurteilt wurden wir am Nikolaustag, am 6. Dezember 1951: Dein Urteil lautete "Tod durch Erschießen", mein Urteil 25 Jahre Zwangsarbeit in einem Arbeitslager. Wir verabschiedeten uns, wir waren fast überzeugt: Für immer.
Nach 3½ Jahren Strafverbüßung in Workuta erhielt ich 1954 auf einer Karte - nach Stalins Tod wurde das Schreibverbot aufgehoben – die verschlüsselt Botschaft der Eltern: Alfred lebt, wurde zu 25 Jahren Zwangsarbeit begnadigt! Nie werde ich diesen Tag vergessen!
Nach durch Kanzler Adenauer erwirkter Amnestierung und Entlassung aus Sowjetischer Haft beendeten wir 1960 gemeinsam unser Studium der Medizin. Einer blieb des anderen Freund, trotz unterschiedlicher Lebensabläufe: Wie groß war meine Freunde, die Freude meiner Frau immer wieder über des nun gemeinsamen Freundes Lebensfreude, wie Du die erlangte Freiheit genossen hast: Als Schiffsarzt in der Antarktis und auf Kreuzfahrten rund um die Erde, als Pilot hoch über den Wolken.
Mit großem Engagement hast Du Deine Praxis aufgebaut und geführt, Du warst für Deine Patienten Arzt, Helfer. Du konntest Dir einen Lebenstraum erfüllen: Du wurdest Pilot. Hast im Einsatz als Arzt, Unfallverletzte, schwer Erkrankte, in die Heimat zurückgebracht. Du hast Deine Freiheit genossen, die Du als Häftling drei Monate in der Todeszelle, als Häftling im Sowjetischen Strafarbeitslager insgesamt 4 ½ Jahre lang entbehren musstest.
Viele Freunde hattest Du, Alfred, Freunde, die Du Dir unter extremen Bedingungen auch schon im Lager erwerben konntest: Alfred, Du warst für viele Helfer, hast vielen durch Deine gelebte Zuversicht Hoffnung auf ein Ende aller Tyrannei gemacht. Wie viele trauern um Dich!
Nun, flieg, Alfred: Flieg, mit unserem Gedenken, und der Melodie von Reinhard May: "Über den Wolken, muss die Freiheit doch grenzenlos sein: Alle Ängste, alle Sorgen, werden nichtig und klein!"
Dr. Gerald Joram
Freund Alfreds letzter Weg.
Die Christus-Kirche in Bocholt ist nahezu voll besetzt. Alfred hätte große Freude gehabt, wenn er diese Menschenmenge, die zu seinen Ehren gekommen war, hätte wahrnehmen können.
So stand er zwar in der Mitte, jedoch eingeschlossen in einen mit vielen Blumen geschmückten Sarg. Der Pastor sprach von Jesus Christus, vom lieben Gott, vom Jenseits.
Gerald dagegen las in seinem Nachruf Alfreds Lebensgeschichte, und alle, die vertraut mit ihm waren, nickten zu seinen Worten – mit Tränen in den Augen: Ja, so war er!
Anschließend fuhr die große Trauergemeinde mit eigenen Autos zum Friedhof in Mussum. Doch, wir wussten nicht den Weg dorthin. Da überholte uns der Leichenwagen! Tochter Karin rief begeistert: „Da fährt Onkel Alfred, wir sind auf dem richtigen Weg!“ Und so leitete uns Alfred noch im Sarg den langen, richtigen Weg bis zu seinem Grab!
Bis sich die vielen Trauergäste in langer Reihe mit Rosenblättern und Schaufeln voller Erde von ihm verabschiedet hatten, verging viel Zeit. Ein Flugzeug kreiste hoch über unseren Köpfen. Erst als wir erkennen konnten, dass Trauerflore an den Flächen des Fliegers hingen, dass sich die Flügel wie zum Gruß neigten, auf und ab neigten, begriff die Trauergemeinde dass diese Geste aus der Luft wirklich als der Abschiedsgruß für unseren Alfred galt. Doch Alfred konnte sich nicht mehr darüber freuen. Mit dem Tod ist alles vorbei. Schade, dass er sein waghalsiges, großes Leben nicht schreibend festgehalten hat.
Annelie Joram
...schließenEintrag vom 7.6.2015. PRESSEMITTEILUNG
„Freiheit braucht Verantwortung“
Das betonte die Bundesbildungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka in ihrem Vortrag zum Auftakt der Jahrestagung der Lagergemeinschaft Workuta/GULag Sowjetunion vom 5. bis 7. Juni 2015 in Magdeburg.
Drei Tage trafen sich ehemalige politische Häftlinge sowjetischer Zwangsarbeitslager und diskutierten unter dem Thema
„Tore zur Freiheit.
Vor 60 Jahren: Rückkehr aus sowjetischer Haft 1955
Vor 25 Jahren: Die Wiedervereinigung Deutschlands 1990“
über den Wert der Freiheit und die Notwendigkeit der Aufarbeitung diktatorischer Systeme.
Landtagspräsident Detlef Gürth hieß die Tagungsteilnehmer in Sachsen-Anhalt willkommen und betonte in seinem sehr persönlichen Grußwort die Unantastbarkeit der Würde des Menschen. Er wies auf die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit diesem Teil deutscher Geschichte für die Existenz von Toleranz und Solidarität in unserer Gesellschaft hin.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff dankte den ehemaligen Häftlingen für ihr Engagement als Zeitzeugen und würdigte sie als unentbehrliche Chronisten der Geschichte.
Die Mitglieder der Lagergemeinschaft sind bereit, sich der Verantwortung für den Erhalt von Freiheit und Demokratie zu stellen.
Die Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung wurden von der Landesbeauftragten für MV für die Stasi-Unterlagen und der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert. Die Vereinigung der Opfer des Stalinismus in Sachsen-Anhalt e.V. und das Bürgerkomitee Magdeburg e.V. unterstützten die Veranstaltung logistisch.
Lagergemeinschaft Workuta/GULag Sowjetunion
Sprecher: Horst Schüler
- Horst Schüler, Sprecher der Lagergemeinschaft Workuta/GULag Sowjetunion und
Prof. Dr. Johanna Wanka, Bundesbildungsministerin, Magdeburg, Juni 2015.
Eintrag vom 2.6.2015 NEUE BIOGRAFIE
Die Biografie von Werner Gumpel wurde am 2. Juni 2015 auf www.workuta.de veröffentlicht.
Eintrag vom 21.5.2015 NEUE BIOGRAFIE
Die Biografie von Horst Maltzahn (1927-2008) wurde am 21. Mai 2015 auf www.workuta.de veröffentlicht.
Eintrag vom 18.5.2015 HILDEGARD JOHNKE IST TOT
Am 11. Mai 2015 verstarb in Berlin Hildegard Johnke, die wohl älteste deutsche Gulag-Überlebende. Am 27. Juni wäre sie 101 Jahre alt geworden.
Ein Nachruf von Dietmar Bockel
Nachruf für Hildegard Johnke.
Hildegard ist am 11. Mai 2015 um 22.30 Uhr ruhig und in aller Stille von uns gegangen. Sie hat ihre Familie und alle, die sie kannten, in tiefer Trauer hier zurückgelassen. Am 27. Juni dieses Jahres wäre sie 101 Jahre alt geworden.
Ja, wir trauern um sie. Aber wir gönnen ihr diesen ruhigen Übergang.
Hildegard war eine junge Frau, Mutter von drei noch sehr jungen Söhnen, als sie 1947 in den Nachkriegswirren des damaligen Berlin, wo sie mit ihrer Familie lebte, anlässlich des Überquerens einer Zonengrenze in die Fänge des unmenschlichen sowjetischen Justizapparats geriet und gnadenlos zu den üblichen 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt wurde.
Wenig später fand sie sich mit hunderten von Leidensgenossinnen in einem überfüllten Häftlingstransport in Russland wieder. Ziel war das berüchtigtste Strafgebiet der Sowjetunion: Workuta – im hohen Norden in der Komi-ASSR an der Eismeerküste gelegen. Hildegard wurde in einem Lager für weibliche politische Häftlinge schier unmenschlichen körperlichen und seelischen Belastungen ausgesetzt: Körperliche Schwerstarbeit in einer Zementfabrik und beim Gleisbau, Permafrost, jahrelang keine Kontakte zu den Kindern und zur Familie, und kein Ende abzusehen…
Unter solchen Bedingungen hat sie durchgehalten, ist sie standhaft und stark geblieben, bis ihr und ihren ebenfalls überlebt habenden Leidensgenossinnen/-genossen die Erfüllung der Vereinbarungen Konrad Adenauers mit der Sowjetunion Ende 1955/Anfang 1956 die Heimkehr ermöglichte.
Nun hat sich Hildegard zurückgezogen. Gönnen wir ihr die Ruhe.
Dietmar Bockel
Hildegard Johnke mit ihrem Sohn Achim beim Jahrestreffen der Lagergemeinschaft Workuta/Gulag Sowjetunion, Dresden, 2010.
Eintrag vom 16.5.2015 ARTIKEL
Günter Ederer: Über die Gedenktage rund um die Befreiung
In der Straße des 17. Juni in Sichtweite des Brandenburger Tores steht das Denkmal für die gefallenen Soldaten der Roten Armee. Der Berliner Senat hat 200 000 Euro zur Verfügung gestellt, damit es frisch restauriert anlässlich der Gedenkfeiern zum 70. Jahrestag der Kapitulation Nazideutschlands erstrahlen kann.
80 000 sowjetische Soldaten fielen noch in der sinnlosen Schlacht um Berlin. Einige tausend sind bei diesem Ehrenmal beerdigt. Das Gedenken an die Toten der Kriege, Achtung und Respekt für die Opfer aller Nationen, darin unterscheiden sich zivilisierte Völker, die aus dem Gemetzel der letzten Jahrhunderte gelernt haben, dass Kriege töten, Millionen töten ohne Unterschiede zu machen, zwischen Freiwilligen und in die Uniform gepressten jungen Männern. In diesem Sinne ist das Denkmal im Berliner Bezirk Tiergarten, eine Kriegsgräberstätte wie viele tausende, die allein in den beiden Weltkriegen fast in der ganzen Welt vom vielleicht blutrünstigsten Jahrhundert zeugen, das die Menschheit je erlebt hat.
Noch mächtiger, ja schon wieder bedrückend ist das sowjetische Ehrenmal im Berliner Bezirk Treptow. Auch es soll an die sowjetischen Opfer der deutschen Aggression erinnern. Aber mit seiner Wucht und Größe wirkt es auch schon wieder bedrohlich – symbolisiert die Unterwerfung unter dem Sieger Sowjetunion. In der DDR, jenem Moskauer Vasallenstaat, bezeichnete es die Führungsriege des SED-Regimes als ein Zeichen des Dankes für den aufopfernden Kampf der sowjetischen Armee, um Nazi-Deutschland zu überwinden. Bei den Fackelaufmärschen der DDR-Jugend aber wurde bei den Schwüren auf die ewige Verbundenheit das Denkmal als Zeuge und Größe der unüberwindlichen Kraft der Sowjetunion verherrlicht.
Eine für mich bizarre Debatte rund um die Gedenktage anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung der Konzentrationslager und der Kapitulation der Nazidiktatur bestimmte wochenlang die Nachrichten und Talkshows des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und der Radioprogramme. Bizarr, weil Täter und Opfer je nach Nationalität und Datum unterschiedlicher Bewertungen unterzogen werden, weil Mördern mehr oder weniger Verständnis entgegen gebracht wird, je nachdem welcher Weltanschauung sie zu zuordnen sind. Und weil Mord nicht mehr gleich Mord ist, Unterdrückung nicht mehr gleich Unterdrückung, und Befreiung mit Freiheit verwechselt wird, ist es möglich eine breite Spur der Verwirrung zu hinterlassen, die es möglich macht, für Unterdrückung auch in Europa wieder Verständnis zu zeigen.
Unser Kontinent wurde im letzten Jahrhundert geprägt von zwei Massenmördern, deren verbrecherische Bösartigkeit jede menschliche Vorstellung übersteigt: von dem deutschösterreicher Adolf Hitler und russenaffinen Georgier Josef Stalin. Sie waren Kreaturen, die aus zwei menschenverachtenden Ideologien entstanden, dem Faschismus und dem Kommunismus, die der eine, Hitler, mit deutscher Gründlichkeit und Effizienz in eine industrielle Menschenvernichtungsmaschine umwandelte und der andere, Stalin, mit der Grausamkeit russischer Potentaten zu neuen Superlativen der Unmenschlichkeit trieb. An der Zahl ihrer Opfer sind sie sich ungefähr gleichwertig. Über der Wahl ihrer Methoden können nur Zyniker über eine Bewertung streiten: Was ist verachtenswerter: Millionen verhungern zu lassen, oder sie in Gaskammern zu töten? Nein, darüber kann nicht diskutiert werden – sie waren Massenmörder, gnadenlose Bestien. Es gibt nur ein Thema, sich mit ihnen zu beschäftigen: Wie konnten sie an die Macht kommen, wie konnten sie ihr Mordgeschäft so lange betreiben und wie können wir es verhindern, dass dies jemals noch einmal in der Welt geschehen kann?
Ich bin in Deutschland geboren, Sohn deutscher Eltern, die mit den Nationalsozialisten nichts zu tun hatten. "Der Adolf geht gegen den Herrgott", hat meine Mutter gesagt – so hat sie mir später erzählt – und damit war die Position meiner Familie geklärt. Und trotzdem bin ich nur durch meine Geburt mit den Verbrechen der Nazis verbunden, die diese im Namen Deutschlands begangen haben. Als Austauschschüler in Dänemark 1960 habe ich mir vorgestellt, wie viel leichter das Leben wäre, als Däne geboren zu sein. Da ich viel im Ausland gelebt und gearbeitet habe, empfand ich jenseits der Grenze das "Deutschsein" gleichzeitig als Verpflichtung und Last. Und diese Last drückt. Ich habe kein Mitleid mit greisen SS-Wärtern, die erst jetzt vor Gericht gestellt werden. Es packt mich aber eine heillose Wut, wenn Fälle bekannt werden, wie die Nachkriegsgesellschaft Nazi-Verbrecher hat entkommen lassen, wenn die juristischen Spitzfindigkeiten deutlich werden, mit denen sich eine "bürgerlich gebildete Elite" selbst von ihrer Verantwortung frei gesprochen hat. Und diese Wut wird mit den Jahren nicht geringer, sondern eher größer, weil ich immer mehr erkennen muss, wie sehr sich das nationalsozialistische Gedankengut in unserer "aufgeklärten" Demokratie breit gemacht hat. Jedes Mal, wenn ich das Wort "Daseinsvorsorge" höre, jener Begriff der im 3. Reich erfunden, die Staatsmacht stärkte, die "Staatsvorsorge" zum Prinzip erhob und damit die individuelle Verantwortung als Basis einer freiheitlichen Gesellschaft aufhebt.
Wie wenig wir aus dem Zusammenbruch des Nazireiches gelernt haben, wird aber vor allem seit dem Ende der zweiten Diktatur in Deutschland 1989 sichtbar. Wieder verzichten wir auf eine juristische Aufarbeitung, bleiben Richter und Staatsanwälte der kommunistischen Diktatur vor Strafverfolgung verschont. Wir suchen die Stasi-Spitzel, die für die Mächtigen der SED die Drecksarbeit geleistet haben, bezahlen der Nomenklatura aber ordentliche Renten. Die SED wurde nicht als kriminelle Vereinigung verboten, sondern konnte unter der geschickten Führung von Gregor Gysi ihre Wiederauferstehung als PDS feiern. Er selbst avancierte zum Lieblingsunterhalter der Talkshows und gibt nach der Pleite seines sozialistischen Modells jetzt im Parlament und in den Medien Nachhilfeunterricht über die Fehler des westlichen Neoliberalismus. Und schlimmer noch: Zusammen mit seinen Genossen, die in ihrer Sozialisierung schon im Kindergarten mit Spielzeugpanzern gegen den Klassenfeind in Stellung gebracht wurden, in den Fabriken Betriebskampfgruppen unterstützten und den Schießbefehl an der Mauer tolerierten, geben sie sich jetzt als die großen Friedensengel.
Bei der Berichterstattung in den Sendern über die Befreiung des KZ Buchenwalds durch die Amerikaner wurde die Schieflage des geschichtlichen Wahrnehmungsbewusstseins deutlich. Ja, das war eine Befreiung. Und mit jedem Dorf, mit jedem Quadratmeter Land, das die Alliierten den Deutschen und ihren Verbündeten entrissen, war in Europa wieder mehr Freiheit gewonnen. Und die Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäckers, dass der Tag der Kapitulation, der 8. Mai, ein Tag der Befreiung war, ist für mich so selbstverständlich, dass ich mich immer noch wundere, warum diese Feststellung so außerordentlich wichtig gewesen sein soll. Aber die Befreiung von dem mörderischen, wahnsinnigen Naziregime hat für fast die Hälfte Europas nicht bedeutet, dass sie jetzt in Freiheit leben konnten.
Die amerikanischen Truppen haben im April 1945 das KZ Buchenwald befreit. Im Juli haben sie Thüringen geräumt und wie in Jalta vereinbart, den Sowjets übergeben. Im August 1945 wurde das KZ Buchenwald als "Speziallager 2" wieder – sagen wir – eröffnet?
Die Baracken füllten sich mit Sozialdemokraten, Bauern, Jugendlichen, die westlich eingestellt waren, mit Sowjetgegnern und ehemaligen Nazis. Bis 1950 war das KZ Buchenwald ein völlig von der Außenwelt getrennter Ort, in dem 28 000 Menschen dahinvegetierten, von denen 7000 starben oder getötet wurden. Das entspricht so in etwa der Todesquote der Nazis. Bis 1989, dem Fall der Mauer war die Weiternutzung von Buchenwald, ebenso, wie die der anderen KZs in der DDR ein Tabu. Darüber zu sprechen oder gar zu schreiben verboten. Aber warum verschweigen dies die "Tagesschau" und "heute" – Sendungen im Jahre 2015?
Als im Jahre 2001 ein Museum und eine Ausstellung über das Speziallager 7 eröffnet wurde, wie das KZ Sachsenhausen unter sowjetischer Regie hieß, kam es zu heftigen Protesten und einer offiziellen Erklärung des russischen Außenministeriums. Der Vorwurf: "Die Verbrechen der Faschisten und die Handlungen der russischen Besatzungsmacht würden auf eine Stufe gestellt". Soll das bedeuten, dass wir die Ermordeten in zweierlei Kategorien einteilen: "Ganz furchtbar, die Opfer der Nazis!" Und "Eher Pech gehabt, von den Sowjets umgebracht worden zu sein?" Wir Deutsche haben die Verpflichtung, jener Opfer zu Gedenken und so weit dies überhaupt möglich ist, ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die im Namen Deutschlands vom Naziregime getötet und drangsaliert wurden. Aber das heißt nicht, die Millionen Menschen vor allem in Osteuropa zu vergessen, die vom kommunistischen Regime unter der Führung der Sowjetunion getötet und versklavt wurden. Es ist die Tragik der Geschichte, dass die Westalliierten nur Westeuropa die Freiheit zubilligten, Osteuropa zwar von den Nazis befreit, aber danach nicht die Freiheit erhielten. Dies geschah erst 1989.
Wenn wir als Lehre aus der Kriegsgeschichte des letzten Jahrhunderts lernen wollen, dann ist die Aufarbeitung der Ursachen der entscheidende Schritt. Dann reicht es aber nicht, wenn Deutschland sich seiner Rolle und damit auch seiner Schuld bewusst ist, dass wir, die keine persönliche Schuld tragen, trotzdem die Last akzeptieren, mit der wir geboren sind. Dann dürfen die Verbrecher und die Taten anderer Diktaturen nicht zum Tabu erklärt oder beschönigt werden. In vielen Diskussionen werden auf allen Seiten immer wieder Versuche deutlich, die Verbrechen der einen mit den Verbrechen der anderen aufzurechnen. Hier die mörderischen SS-Horden, da, die Bombenangriffe auf Wohngebiete und dann die Vergewaltigungen und Luftangriffe auf Flüchtlinge. Nicht eine Aufrechnung der Barbarei hilft vor erneutem Rückfall in Hass und Töten, sondern eine Addition, wobei jede Nation für ihre eigene Geschichte einstehen muss. Und eine Addition aller Kriegsverbrechen ergibt jene Verwüstung, die nicht nur in der Zerstörung Europas zu sehen war, sondern die auch das Denken der Menschen bis heute verwirrt.
Martialische Militärparaden als Symbol für die Befreiung vom Militarismus – was für eine irre Idee! Wie wäre es, wenn Russland als Nachfolgestaat der Sowjetunion sich mit seinem Imperialismus in der Sowjetzeit auseinander setzen würde: Mit der Okkupation der Balten, Annektierung von Teilen von Finnland, Polens, der Karpato-Ukraine und Moldawiens, mit seinem Einfall in Ungarn 1956, in der Tschechoslowakei 1968.
Viele Westeuropäer waren erstaunt, als mit dem Beginn der Ukrainekrise bekannt wurde, dass in der ehemaligen Sowjetunion immer noch Lenindenkmäler stehen, so als ob nur die Stalinzeit eine verbrecherische Phase der eigentlich anzustrebenden Idee des Kommunismus sei. Die Identität zwischen russischem Imperialismus und kommunistischem Weltbeherrschungsanspruch ist nie aufgehoben worden und erhält durch Putins Äußerung "Der Zusammenbruch der Sowjetunion sei das größte Unglück in der russischen Geschichte" eine neue Bedeutung. Wir können der Moskauer Führung nicht vorschreiben, wie sie ihre Geschichte aufarbeiten muss. Wir müssen aber nicht jenen, vom Gedankengut der untergangenen Sowjetunion geprägtem "homo sowjeticus" folgen und die Verbrechen der Faschisten als Ausrede und Verharmlosungen für die Verbrechen anderer nutzen. Antifaschismus als Rechtfertigung zur Unterdrückung, dass war und ist eine der ideologischen "Geschäftsgrundlagen" der Linken aller Schattierungen. Das zeigt, wie wenig sie die Toten respektieren. Sie missbrauchen das Andenken an die Naziopfer, um daraus politisches Kapital zu schlagen, und gleichzeitig übergehen sie die Opfer der Kommunisten, die für sie ja keine Rolle spielen. Die Mauer mit Schießbefehl war ja für sie auch ein "antifaschistischer Schutzwall". In den Talkshows und öffentlichen Erklärungen anlässlich der "Befreiung" am 8. Mai und wie sich die Deutschen da zu verhalten haben, zeichnen sich die "homo sowjeticus" dadurch aus, dass sie den Phantomschmerz des Verlustes ihrer Weltordnung zeigen, indem sie die Rolle Moskaus kritiklos übernehmen, dass die Sowjetunion mit einem ungeheuren Blutzoll die Nazis besiegt und damit die Völker Europas befreit hätten. Der erste Teil des Satzes stimmt. Der zweite Teil ist die Geschichtsschreibung der Kommunisten und von Putins Moskau.
Der Auftrag aus dem letzten Jahrhundert, alles zu tun, damit sich eine solche Menschenvernichtungsmaschinerie nicht wieder in Gang setzen kann, bedeutet, sich der Vergangenheit zu stellen. Es geht dabei nicht um die verrückten Neonazis und deren Gewaltphantasien. Die befinden sich außerhalb der Gesellschaft. Es sind in Deutschland eher die Rechtskonservativen, die die Erniedrigung Deutschlands und den Verlust des Ostens mit den Naziverbrechen aufrechnen. Und es sind diejenigen, die zum Ehrenmal nach Treptow pilgern, nicht nur, um die gefallenen Soldaten zu ehren, sondern in NVA-Uniformen des Unrechtsstaat der DDR nachzutrauern. Und die übersehen, dass auf dem Sockel des monumentalen Soldaten noch Zitate von Stalin eingemeißelt sind.
Wenn der russische Präsident Putin der kommunistischen Tradition folgt und jeden, der sich ihm entgegenstellt als "Faschist" bezeichnet, wie die jetzige gewählte Regierung in der Ukraine, schürt er in der Asche des zerstörten Europas, ob er nicht doch noch einen Brandherd findet, mit dem er wieder zündeln kann. Die Linke verbrämt dieses Spiel mit dem Feuer dann auch noch als Friedensaktivismus. In den vergangenen Wochen mit den Jahrestagen der KZ-Befreiungen und der bedingungslosen Kapitulation hatte ihre Heuchelei wieder Hochkonjunktur.
Mit den sowjetischen Panzern in der Straße des 17. Juni und dem Denkmal in Treptow habe ich diesen Artikel angefangen. Im Vertrag mit der Sowjetunion Michael Gorbatschows zur Wiedervereinigung hat sich die Bundesrepublik verpflichtet, alle Soldatengräber und Kriegsdenkmäler unangetastet zu lassen und zu pflegen. Leider haben wir damit auch Stalins Zitate gesichert. Aber es sollte verhindert werden, sie auch noch zu Wallfahrtsstätten aufzuwerten. Vielleicht bittet ja eines Tages eine Moskauer Regierung, diese Inschriften eines Massenmörders zu beseitigen. Auch das Denkmal im Tiergarten ist unantastbar, seine Panzer werden uns erhalten bleiben. Wir dürfen sie noch nicht einmal rosa streichen, um das militaristische des Grabmals abzumildern. Aber niemand kann uns daran hindern, neben diesem Denkmal Stelen aufzustellen, auf denen festgehalten wird, dass diese Panzer auch daran erinnern, welche Demütigungen ein Volk ertragen muss, wenn es Größenwahnsinnigen folgt, die ein tausendjähriges Reich erbauen wollen.
Der Artikel von Günter Ederer erschien auf "www.achgut.com" am 12.5.2015 Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung.
...schließenEintrag vom 27.4.2015 NEUERSCHEINUNG
Werner Gumpel, Workuta - Die Stadt der lebenden Toten. Ein Augenzeugenbericht.
In Leipzig werden in den 1950er Jahren einige Studenten, die später unter dem Namen "Belter-Gruppe" in die Geschichte eingehen sollten, von der Stasi verhaftet und an die russische Besatzungsmacht übergeben. Sie verschwinden auf Jahre spurlos. Zunächst werden sie in einem Kellergefängnis des russischen Geheimdienstes NKWD in Dresden eingesperrt, wo sie unter primitivsten Umständen leben müssen. Dort findet die Untersuchung ihres "Falles" bei nächtlichen Verhören statt. Nach Monaten erfolgt die Verurteilung zu unvorstellbar drakonischen Strafen. Über das Zuchthaus Berlin-Lichtenberg werden sie nach Workuta, 160 km nördlich des Polarkreises, verbracht, nachdem sie auf mehreren Zwischenstationen die Bekanntschaft mit verschiedenen russischen Gefängnissen gemacht haben. Der Transport erfolgt unter unmenschlichen Bedingungen in speziellen Gefangenenwaggons. Im Lager erwartet sie schwerste körperliche Arbeit im Kohleschacht und in der Tundra. Schwere Epidemien, wie Hepatitis und Tuberkulose, gehen auch an ihnen nicht vorüber. Das Polarklima und die Arbeit in der Tundra belasten den von Dystrophie geschwächten Körper, doch die Überlebensstrategie des Verfassers dieses erschütternden Berichts siegt über Leid und Elend. Der Tod Stalins im März 1953 leitet eine Wende ein, doch es soll noch zweieinhalb Jahre dauern, bis die fünfjährige Tortur Werner Gumpels ein Ende hat.
Werner Gumpel
Workuta - Die Stadt der lebenden Toten
Ein Augenzeugenbericht
Leipziger Universitätsverlag
ISBN: 978-3-86583-936-7
298 Seiten, 19,90€
Eintrag vom 14.3.2015 AUSSTELLUNG
"Erschossen in Moskau ..."
Die Ausstellung über die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950-1953 ist noch bis zum 30. August 2015 in der Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße Potsdam zu sehen.
"Erschossen in Moskau ..." ist eine Wanderausstellung von Facts & Files – Historisches Forschungsinstitut Berlin, gefördert von der Bundesstiftung Aufarbeitung.
(hs) Die Ausstellung präsentiert das Schicksal der fast 1000 Deutschen, die Anfang der 1950er Jahre auf dem Gebiet der ehemaligen DDR von sowjetischen Militärtribunalen zum Tode verurteilt und in Moskau hingerichtet wurden, unter ihnen zahlreiche ehemalige Häftlinge des Gefängnisses Leistikowstraße Potsdam. Ihre Asche wurde auf dem Moskauer Friedhof Donskoje in anonymen Massengräbern verscharrt.
Seit zehn Jahren erinnert dort ein Gedenkstein an die 927 Opfer, darunter 60 Frauen. Die länderübergreifenden Forschungen zu diesem Thema, die 2004 von der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial und Facts & Files begonnen wurden, dauern noch an. Viele Schicksale konnten noch immer nicht endgültig geklärt werden.
Mit der Ausstellung, die von Fact & Files erarbeitet und von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur finanziert wurde, sollen die Namen der Opfer dem Vergessen entrissen und gleichzeitig Zeitzeugen, Angehörige und Freunde um Ergänzungen zu den bisher ermittelten Informationen gebeten werden.
Besucheradresse:
Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße Potsdam
in der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten
Leistikowstraße 1
14469 Potsdam
Tel. 0331-2011540
Email: mail@gedenkstaette-leistikowstrasse.de
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 14 bis 18 Uhr
Führungen: Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr nach Voranmeldung
Montag geschlossen
Eintritt frei
http://www.gedenkstaette-leistikowstrasse.de/inhalt/index.html
Eintrag vom 10.3.2015 GÜNTER HERRMANN IST TOT
In Heidelberg ist am 18. Dezember 2014 Dr.-Ing. Günter Herrmann im Alter von 83 Jahren verstorben.
Günter Herrmann gehörte zum Kreis jener zehn – neun Studenten der Universität Leipzig und ein Handwerker aus Bad Lausick -, die als "Belter-Gruppe" am 20. Januar 1951 im NKWD-Gefängnis in Dresden, Bautzner Straße, von einem Sowjetischen Militärtribunal zu insgesamt 285 Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurden. Herbert Belter erhielt die Höchststrafe, Tod durch Erschießen. Sein Urteil wurde am 28. April 1951 in Moskau vollstreckt. Die zu verschärfter Lagerhaft Verurteilten – Katorga – transportierte man nach Workuta. Sie sollten Sklavenarbeit im Kohlebergbau oder beim Aufbau der Stadt Workuta leisten.
Günter Herrmann wurde am 11. Januar 1931 in Planitz/Sachsen geboren. Sein Vorbild fand Günter vor allem in seinem Großvater. Dieser war in den Jahren vor 1933 als Mitglied der SPD ein überzeugter, aufrechter Demokrat, der sich auch durch schwere Angriffe von Nazis nicht von seiner geraden politischen Überzeugung abbringen ließ. Günter Herrmann besuchte die Käthe-Kollwitz-Schule in Zwickau. Nach dem Abitur begann er im Herbst 1949 mit dem Chemie-Studium an der Universität Leipzig. In seinen Erinnerungen, die in dem Buch von Jens Blecher und Gerald Wiemers unter dem Titel „Studentischer Widerstand an den mitteldeutschen Universitäten 1945-1955“ herausgegeben wurden, schreibt Günter: "Im Dritten Reich kam auch ich mit zehn Jahren zum Jungvolk. Da galt die Devise 'Führer befiehl, wir folgen dir!' Die Folgen sind bekannt. Spätestens, als mir in der DDR gesagt wurde, die Partei hat immer recht, war mir klar, daß ich wieder in einer Diktatur lebte."
Günter Herrmann fand im Chemie-Labor Gleichgesinnte. Schließlich kam ein Kontakt mit Herbert Belter, Student der gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät, zustande. Er versorgte die Chemie-Studenten mit politischer Literatur und Flugblättern vom Rias-Hochschulfunk aus West-Berlin, mit Drucksachen, aktuell zu den bevorstehenden Volkskammerwahlen, die an weitere Freunde gegeben und im Hörsaal heimlich unter die Pulte gelegt wurden. Anfang Oktober 1951 wurde Günter Herrmann von deutscher Polizei verhaftet, tags darauf den sowjetischen Untersuchungsbehörden übergeben und nach Dresden gebracht. Seine Arbeit im Workuta bestand ausschließlich aus der Kohleförderung vor Ort, die schwerstmögliche Arbeit. Seine Erinnerungen an diese Zeit haben ihn sein ganzes Leben lang belastet und verfolgt.
Nach seiner Rückkehr aus Rußland, seiner Entlassung am 28. Dezember 1953 nach Zwickau zu seiner Familie und seiner Flucht nach West-Berlin in den ersten Januartagen 1954 nahm er sein Chemie-Studium an der FU Berlin wieder auf. Günter Herrmann konnte seine späteren beruflichen Erfolge bei der BASF nur durch seine Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, durch seine Geradlinigkeit, durch seine ruhige Überzeugungskraft erzielen. Er war bei seinen Mitarbeitern sehr beliebt und ein sehr bescheidener Mensch. Man wußte von seiner politischen Vergangenheit und achtete ihn in höchstem Maße. Am 25. April 2007 verlieh Bundespräsident Prof. Dr. Horst Köhler den noch lebenden Mitgliedern der Belter-Gruppe für ihren Einsatz für Freiheit und Demokratie das Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland am Bande.
Die Last der Lagererinnerungen, aber auch zusätzliche persönliche Schicksalsschläge führten im Frühjahr 2014 bei Günter zum körperlichen und seelischen Zusammenbruch. Davon konnte er sich trotz liebevollster Pflege seiner zweiten Frau Renate nicht mehr erholen. Er starb im Beisein seiner Frau und seiner Kinder am 18. Dezember 2014. Wir vier noch Lebenden der Belter-Gruppe verloren einen treuen Kameraden und engen Freund. Wir werden ihn nie vergessen und ihm immer ein ehrendes Andenken bewahren.
Otto Bachmann, Peter Eberle, Werner Gumpel und Siegfried Jenkner
Nachruf erschienen in "Der Stacheldraht", Ausgabe 2/2015
Eintrag vom 7.3.2015 AUSSTELLUNG
Eine fotografische Dokumentation des polnischen Fotografen und Journalisten Tomasz Kizny zum Thema "Der Große Terror 1937-1938 in der Sowjetunion" ist vom 6. März bis 19. April 2015 im Kutschstall in Potsdam zu sehen.
Der Große Terror 1937-1938 in der Sowjetunion
Vom 6. März bis 19. April zeigt das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte die Gastausstellung „Der Große Terror 1937–1938 in der Sowjetunion”. Die fotografische Dokumentation des polnischen Fotografen und Journalisten Tomasz Kizny ist nach Stationen in Polen, der Schweiz, Frankreich und zuletzt im November 2014 in Russland nun erstmals in Deutschland zu sehen.In der Reihe der stalinistischen Verbrechen in der Sowjetunion war der "Große Terror" in den Jahren 1937 und 1938 beispiellos in seinem Ausmaß. Ganz im Gegensatz zu den damals unter großem Propagandaaufwand geführten öffentlichen Moskauer und lokalen Schauprozessen vollzog sich der "Große Terror" unter dem Siegel strengster Geheimhaltung. In nur 16 Monaten fielen ihm etwa 1,5 Millionen Sowjetbürger zum Opfer. Landesweit und aus allen sozialen Schichten verschwanden Menschen für immer – in geheimen Operationen verhaftet, von geheimen Standgerichten ohne Verteidigung, oft sogar in Abwesenheit als "Volksfeinde" abgeurteilt. 750.000 Opfer wurden sofort ermordet und in geheimen Massengräbern verscharrt.
Letzte Zeugnisse einiger dieser Menschen sind Gefängnisfotos, die im Rahmen der polizeilichen Routine in den NKWD-Gefängnissen gemacht wurden, dann für Jahrzehnte in Geheimarchiven verborgen lagen und erst Anfang der 1990er Jahre öffentlich bekannt wurden. Seit 2006 hat der polnische Fotograf und Journalist Tomasz Kizny im Rahmen eines Forschungsprojektes viele dieser Aufnahmen gesichtet, Orte von Massengräbern auf Sachalin, in Workuta, Minsk, Kiew, Woronesh, im Ural und in Sibirien ausfindig gemacht und Interviews mit betroffenen Familien geführt.
Die Ausstellung (in Deutsch und Englisch) zeigt 80 vergrößerte Abzüge von Gefängnisfotografien sowie weitere 200 als audiovisuelle Projektion, jeweils mit kurzen biografischen Angaben. An Medienstationen sind zehn Video-Interviews mit Augenzeugen – meist die Kinder von Ermordeten – abrufbar. Eine Projektion zeigt Fotografien von 40 geheimen Hinrichtungsstätten und Massengräbern in Russland, der Ukraine und Weißrussland.
Zur Ausstellung erscheint ein zweisprachiges Begleitbuch in Deutsch und Englisch (herausgegeben von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Stiftung Picture Doc, 84 S.,65 Abbildungen), erhältlich im Museumsshop zum Preis von 5 Euro.
Besucheradresse:
Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte
Kutschstall, Am Neuen Markt 9
14467 Potsdam
Infotelefon: 0331/62085-50
Öffnungszeiten:
Di–Do 10–17 Uhr
Fr–So und an Feiertagen 10–18 Uhr
Mo geschlossen
Eintritt:
3 Euro/erm. 2 Euro
freitags 2 Euro
http://www.hbpg.de/Ausstellung_DerGrosseTerror.html
Eintrag vom 3.2.2015 NEUERSCHEINUNG
Ivan Cistjakov, Sibirien, Sibirien. Tagebuch eines Lageraufsehers.
Aus dem Inneren des GULAG-Systems.
Zeugnisse von den Tätern der Stalin'schen Verbrechen sind sehr selten. Eines der beeindruckendsten liegt mit "Sibirien, Sibirien" erstmals übersetzt vor. Ivan Cistjakov, ein kleines Rädchen im GULAG-System, der sich als Zugführer an einem Abschnitt der Baikal-Amur-Magistrale selbst als Verbannter fühlte, berichtet in seinem Tagebuch aus den Jahren 1935/36 von der täglichen Arbeit als Kommandant der Lagerwache: Aufklärung von Fluchten, Schlägereien, Morde, Hunger, grausame Kälte, Verrat, Bestechung und Denunziation. Er erzählt darüber hinaus jedoch auch vom Leben in Sibirien, von der Jagd und der Erhabenheit der Natur.
Irina Scherbakova: "Cistjakovs Tagebuch ist eines der glaubwürdigsten Zeugnisse für die Untauglichkeit des Stalin'schen Zwangsarbeitsystems. Er beschreibt die Vorgänge Tag für Tag und aus dem Inneren des Systems heraus."
Ivan Cistjakov
Sibirien, Sibirien
Tagebuch eines Lageraufsehers
Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Irina Scherbakova.
Aus dem Russischen von Regine Kühn
Matthes & Seitz
ISBN: 978-3-88221-092-7
Gebunden, 288 Seiten, 24,90€
Eintrag vom 25.1.2015 VERANSTALTUNG
Die diesjährige Jahrestagung der Lagergemeinschaft Workuta/Gulag Sowjetunion findet vom 5. bis zum 7. Juni 2015 in Magdeburg statt.
Das Thema der Tagung lautet:
Tore zur Freiheit.
Vor 60 Jahren: Rückkehr aus sowjetischer Haft 1955
Vor 25 Jahren: Die Wiedervereinigung Deutschlands 1990
Interessierte können sich unter dem Stichwort "Workuta-Tagung" beim Veranstaltungshotel anmelden. Ein Einzelzimmer kostet 59,90€, ein Doppelzimmer 79,90€ pro Nacht, einschließlich Frühstück.
Intercity Hotel Magdeburg
Bahnhofstraße 69
39104 Magdeburg
Telefon +0391-5962167
Telefax +0391-5962499
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http://de.intercityhotel.com/Magdeburg